In Zeiten der Coronakrise machen es die Umstände nötig, das eigene Geschäftsmodell auf eine möglichst kontaktlose Art und Weise umzustellen. Das eigene Geschäftsmodell von klassischem Einzelhandel auf Onlinegeschäft umzuwandeln erfordert von dem Unternehmer oder der Unternehmerin, die besonderen Regeln des Onlinegeschäfts einzuhalten.
Diese Regeln des Online-Handels wollen wir uns im Folgenden anschauen und fragen uns erst einmal, wie wir den möglichst kontaktlosen Einkauf über das Internet gestalten können und wie hier die vertraglichen Beziehungen ausgestaltet werden müssen.
Was ist Online-Handel und Fernabsatz?
In der Rechtssprache wird der Vertrag, der unter ausschließlichem Einsatzes von zum Beispiel Internet abgeschlossen wurde, als sogenannter Fernabsatzvertrag bezeichnet. Unter einem solchen Fernabsatzvertrag ist ein Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher zu verstehen, der die Lieferung von Waren oder aber die Erbringung von Dienstleistungen zum Inhalt hat und von beiden Parteien nur über sogenannte Fernkommunikationsmittel abgeschlossen wird. Mit Fernkommunikationsmitteln sind schon der Brief, Kataloge, E-Mails, das Telefon oder eben das Internet gemeint. Wenn wir also in dem dieser Tage populären Anwendungsbeispiel bleiben und der Einsatz des Internets zur Anbahnung eines Vertrages als Beispiel nehmen, ist ein solches Vertriebssystem dem Fernabsatz zuzuordnen, und auch der klassische Versandhandel fällt unter das Fernabsatzrecht.
Risiken für den Verbraucher
Vom Gesetzgeber wurde der Verbraucher, der einen Fernabsatzvertrag mit einem Unternehmer abschließt, als besonders schutzwürdig angesehen. Dies aus zwei Gründen: erstens, weil der Verbraucher die Ware nicht sehen oder den Dienst nicht testen kann. Zweitens, weil in vielen Fällen der dahinterstehende Unternehmer oder die Geschäftsfrau unbekannt sind. Diese zwei Punkte haben den Gesetzgeber zumindest ursprünglich dazu bewogen, die Regelung des Fernabsatzes in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) aufzunehmen.
Um den Fernabsatz dennoch zu ermöglichen, hat der Gesetzgeber zwei Mechanismen gewählt, um diesen Risiken für den Verbraucher entgegenzuwirken. An erster Stelle treffen den Unternehmer oder die Unternehmerin im Online-Handel ausgedehnte Informationspflichten gegenüber dem Verbraucher. In zweiter Linie kann der Verbraucher sich sehr einfach wieder vom Vertrag lösen durch das sogenannte Widerrufsrecht.
Welche Informationen sind im Online-Handel Pflicht?
Für den Geschäftsmann oder die Unternehmerin folgt daraus, dass der Unternehmer den Verbraucher schon vor Abschluss des Fernabsatzvertrages umfassend und klar über alle Einzelheiten des Vertrages sowie der zu erbringenden Leistung aufklären muss.
Um diesen Informationspflichten nachzukommen muss der Unternehmer dem Verbraucher rechtzeitig informieren zum Beispiel über seine Identität, Anschrift sowie über die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung und über die Einzelheiten bezüglich Zahlung, Lieferung sowie über das Bestehen eines Widerrufs und Rückgaberechts.
Kommt es zum Vertragsschluss, hat der Unternehmer / die Unternehmerin spätestens dann dem Verbraucher die Pflichtinformationen auf einem dauerhaften Datenträger zu übermitteln. Mit einem dauerhaften Datenträger ist hier zum Beispiel eine Urkunde oder ein durch Fax übermittelter Text gemeint – CD-ROM oder E-Mail genügen aber auch. Eine weitere Besonderheit ergibt sich beim Fernabsatzgeschäft dadurch, dass dem Verbraucher eine besondere Möglichkeit an die Hand gegeben wurde sich von diesem Fernabsatzgeschäft wieder zu lösen – das sogenannte Widerrufsrecht.
Was ist das Widerrufsrecht im Online-Handel?
Das Widerrufsrecht ist von dem sogenannten Rückgaberecht zu unterscheiden. Das Rückgaberecht bezeichnet gemeinhin eine durch Händler freiwillig erbrachte Leistung, Waren innerhalb eines bestimmten Zeitraums wieder zurückzunehmen und basiert auf einer Kulanzregelung des Handels.
Über das europäische Recht wurde dann das Widerrufsrecht eingeführt, welches dem Verbraucher die rechtsverbindliche Möglichkeit gibt, sich innerhalb von 14 Tagen nach Abschluss des Geschäfts von diesem wieder zu lösen. Folge ist dann, dass die Ware zurückzugeben und der Kaufpreis zurückzuzahlen ist. Fehlt es an einer wirksamen Aufklärung über das Widerrufsrecht, verlängert sich das Widerrufsrecht des Verbrauchers grundsätzlich solange, bis er über sein Widerrufsrecht aufgeklärt wurde.
Bedingungen für das Widerrufsrecht
Das Widerrufsrecht ist für den Verbraucher an keine besonderen Bedingungen geknüpft, d.h. er braucht vor allem keine Begründung dafür zu liefern, warum er von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht. Besondere Wesensmerkmale des Online-Handels als Fernabsatzgeschäft sind also zwei Instrumente: vor- und nachvertraglichen Informationspflichten einerseits und das Widerrufsrecht andererseits.
Leicht verständliche Pflichtangaben
Der Verbraucher muss durch den Unternehmer / die Unternehmerin klar und verständlich informiert werden. Dafür müssen die Pflichtangaben leicht zu verstehen sein und sie müssen auch angemessen gestaltet sein sowie vom Schriftbild her leserlich gestaltet sein.
Leicht erreichbare Pflichtangaben
Die Informationen, die der Unternehmer oder die Unternehmerin liefern muss, sind auch so aufzubereiten, dass sie dem Medium entsprechen über das kommuniziert wird. Setzen wir also einen Onlineshop ein, kann es sich anbieten entsprechende Links zu den Pflichtangaben in den Bestellprozess mit einzubeziehen, sodass dieser übersichtlich bleibt, aber auch eine vollständige Information des Kunden ermöglicht.
Wie kann ein guter Bestellprozess aussehen?
Wenn wir uns jetzt einmal einen in den meisten Fällen idealen Bestellprozess vorstellen, können wir grob gesagt acht Schritte unterscheiden:
1. Produktseite
Erstens nämlich die jeweilige Produktseite, die den Kunden dazu einlädt, den Artikel in den Warenkorb zu legen. Wichtig ist hier, dass natürlich schon die Produktbeschreibung am Produkt selbst erfolgt wie auch vollständige Preisinformationen gegeben werden (d.h. also Nettopreis, Ausweis der Umsatzsteuer und auch schon hier Versandkosten angezeigt werden).
2. Warenkorb
Als zweites dann den Schritt, dass der Kunde den Warenkorb anklickt, um dann von dort aus die weiteren Unterseiten des Bestellvorgangs erreichen zu können. Wenn der Kunde dann bereit ist und sich entschieden hat, dass sein Warenkorb ausreichend gefüllt ist, sollte ihm eine Produktübersicht angezeigt werden, von der aus er weiter die Versandadresse wie auch die Versandart wählen kann.
3. Rechnungsadresse und Zahlungsweise
Im nächsten Schritt kann er die Rechnungsadresse angeben und die gewünschte Zahlungsweise mitteilen.
4. Zahlungspflichtige Bestellung
Im drittletzten Schritt kommen wir zu einem wichtigen Punkt. Hier übermittelt uns der Kunde seinen Wunsch, den Vertrag mit uns zu schließen. Nachdem nun der Kunde vollständig informiert wurde, hat er jetzt die Möglichkeit, das Produkt tatsächlich zu kaufen. Mit der sogenannten „Button-Lösung“ wird er konkret darauf hingewiesen, dass er jetzt eine zahlungspflichtige Bestellung vornimmt. Der Button selbst sollte eine Aufschrift wie „zahlungspflichtig bestellen“ enthalten. Hierfür sollte man dem Kunden die Möglichkeit einräumen, die Richtigkeit seiner Angaben zu kontrollieren und zu überprüfen, um dann den Bestellbutton zu betätigen.
5. Empfangsbestätigung
Als weiteres erhält der Kunde dann durch den Onlineshop eine Empfangsbestätigung, die je nach rechtlicher Ausgestaltung noch nicht zum Vertragsschluss führt. Hier kommt es darauf an, den Anschein eines Vertragsschlusses zu vermeiden, wenn man sich als Händler / Händlerin noch Handlungsmöglichkeiten offenhalten möchte. Falsche Formulierungen wie zum Beispiel eine Zahlungsaufforderung führen nach der Rechtsprechung zur Bindung an das Vertragsangebot des Kunden. Beide Seiten müssen ja zustimmen, um einen Vertrag abzuschließen.
6. Bestellbestätigung und der Vertragsschluss
Jedenfalls besteht die gesetzliche Verpflichtung im Online-Handel dem Kunden eine entsprechende Bestätigung des Bestellvorgangs unverzüglich zu bestätigen. Versendet man zunächst bloß eine Eingangsbestätigung, so kann man an diesem Punkt z.B. noch händisch einschreiten und kontrollieren, ob die Ware noch vorhanden ist, noch was im Lager oder ob es hier Probleme gibt, die man dem Kunden mitteilen sollte. Ist dies aber nun erfolgt und positiv gegeben, kommen wir zu der Bestellbestätigung.
Spätestens damit haben wir eine Willenserklärung auch des Unternehmers oder der Unternehmerin mit dem Inhalt: „Ja, Kunde mit dir möchte ich jetzt diesen Vertrag abschließen“. Damit haben dann beide Seiten zugestimmt und es ist regelmäßig zu einem Vertragsschluss gekommen. Beide Seiten sind jetzt erst mal gebunden und haben den Vertrag so zu erfüllen, wie sie sich darüber in dem entsprechenden Bestellprozess geeinigt haben.
7. Nachträgliche Änderung der Bestellung
Um alle Voraussetzungen zur Information des Kunden zu erfüllen, sollten ihm die in seiner Bestellung getätigten Angaben wie auch die entsprechenden Pflicht-Informationen per E-Mail übersandt werden. Damit ist dann auch das Kriterium des dauerhaften Datenträgers erfüllt. Denn der Gesetzgeber sieht vor, dass ausgeschlossen sein soll, dass der Unternehmer nachträglich wesentliche Angaben des Vertrages noch einseitig ändern kann.
Und was ist mit juristischen Einzelheiten?
Für die Feinheiten und juristischen Einzelheiten der einzelnen Schritte des Bestellprozesses sollten Sie sich von einem Anwalt beraten lassen. Dies gilt erst Recht, wenn Sie Waren oder Dienstleistungen aus den Bereichen Lebensmitteln, Elektronik, Arzneimittel, Bücher, Textilien oder Kosmetik vertreiben.
Wer trägt die Kosten für bei Versand beschädigte Ware? Können mir AGB dabei helfen?
Wichtig zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang, dass sich der Unternehmer / die Unternehmerin bei der Erfüllung des Vertrages, wenn es sich wie hier um eine Warenlieferung handelt (ein sogenannter Versendungskauf), das Risiko des Transports, wenn auf dem Transport Schäden an der Ware entstehen, durch Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht auf den Verbraucher abwälzen kann.
Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) liegen immer dann vor, wenn der Vertrag oder einzelne Bestandteile des Vertrages mit der Absicht erstellt wurden, sie für eine unbestimmte Anzahl von Fällen einzusetzen. D.h. selbst dann, wenn ich ein Vertragsmuster benutze und dieses einmalig verwende, liegen nach der Rechtsprechung Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) vor. Denn dieses Vertragsmuster als solches ist dafür konzipiert, für eine Vielzahl von Fällen eingesetzt zu werden.
Gibt es Ausnahmen beim Widerruf?
Es gibt wichtige Ausnahmen vom Widerrufsrecht. Zum Beispiel sind solche Waren, die nach den persönlichen Bedürfnissen des Verbrauchers zugeschnitten sind und nicht vorgefertigt wurden, vom Widerruf ausgeschlossen.
An dieser Stelle ergeben sich schwierige Abgrenzungsfragen vor allem beim Einsatz von Konfektionsware, die bis zu einem bestimmten Grad vorgefertigt ist und dann wiederum nach den Wünschen des Kunden aufbereitet wird. Auch vom Widerrufsrecht ausgenommen sind u.a. Waren, die schnell verderblich sind sowie Gesundheits- und Hygieneartikel. Auch Dienstleistungen können vom Widerruf ausgeschlossen sein, wenn Sie die entsprechenden Voraussetzungen des § 356 Abs. 5 BGB einhalten. Sollten Sie vor der Frage stehen, ob Ihre Produkte oder Dienstleistung einem Widerrufen unterliegen oder nicht, können Sie sich an einen Anwalt wenden, um diese Frage anhand der aktuellen Rechtsprechung für Sie individuell zu beantworten.
Fazit
Um nicht in unnötige Fallen zu tappen, ist es beim Umstieg von Einzelhandel auf den Online-Handel ratsam sich über die besonderen Regeln des Fernabsatzes zu informieren. Mit dem vorliegenden Artikel hast du hoffentlich einen Überblick gewinnen können. Bei offenen Fragen solltest du dir professionellen Rat einholen. Die wirtschaftlichen Folgen von Fehlern im Online-Handel durch vermeidbare Abmahnungen von Konkurrenten oder Verbraucherverbänden sowie des Risikos durch überlange Widerrufsfristen können beträchtlich sein. Lass dich deshalb lieber beraten, wenn du auf rechtlich sicherer Basis Entscheidungen für dein Geschäft treffen willst.
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